Acta Linguistica. — 1939. — Volume 1, Issue 1. — p. 81-89.
Indogermanen heissen solche Menschen, deren Muttersprahe zur indogermanischen Sprachfamilie gehört. Aus dieser wissenschaftlich einzig möglichen Definition folgt, dass »Indogermane« ein rein sprachwissenschaftlicher Begriff ist, so wie etwa »Syntax«, »Genitiv«, »Lautwandel«, usw. Es gibt indogermanische Sprachen, und es gibt Völker, die diese Sprachen reden. Das Einzige, was all diesen Volkern gemein ist, ist die Zugehörigkeit ihrer Sprachen zu derselben Sprachfamilie.
Heute gibt es viele indogermanische Sprachen und viele indogermanische Völker. Blicken wir in die Vergangenheit zurück, so finden wir, dass es auch früher so gewesen ist — soweit unser Auge reicht. Ausser den Vorfahren der heute noch lebenden indogermanischen Sprachen, bestanden früher noch andere indogermanische Sprachen, die ohne Nachkommenschaft verschollen sind. Es wird vermutet, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, wo nur eine einzige indogermanische Sprache, die sogenannte indogermanische Ursprache, bestand, von der alle historisch überlieferten indogermanischen Sprachen stammen sollen. Diese Vermutung steht in Widerspruch mit der Tatsache, dass wir, soweit wir in die Geschichte zurückblicken können, immer eine Vielheit von indogermanisch redenden Völkern vorfinden. Ganz unmüglich ist die Vermutung einer indogermanischen Ursprache nicht. Sie ist aber auch gar nicht notwendig, und man kann sehr gut auch ohne sie auskommen.